TOP Ö 3: Erlass einer Satzung über abweichende Maße der Abstandsflächentiefe im Markt Bad Steben

Beschluss: einstimmig beschlossen

Abstimmung: Ja: 7, Nein: 0, Pers. beteiligt: 7

Beschluss:

 

Aufgrund des Art. 81 Abs. 1 Nr. 6 lit. a BayBO in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. August 2007 (GVBl. S. 588, BayRS 2132-1-B), die zuletzt durch Gesetz vom 24. Juli 2020 (GVBl. S. 381) geändert wurde, erlässt der Markt Bad Steben die nachstehende Satzung:

 

Satzung über abweichende Maße der Abstandsflächentiefe

im Markt Bad Steben

 

 

§ 1 Geltungsbereich

 

1Die Satzung gilt für das gesamte Gemeindegebiet.

 

 

§ 2 Abstandsflächentiefe

 

1Abweichend von Art. 6 Abs. 5 S. 1 BayBO beträgt die Abstandsfläche im Gemeindegebiet außerhalb von Gewerbe-, Kern- und Industriegebieten, festgesetzten urbanen Gebieten 1 H, mindestens jedoch 3m. ²Vor bis zu zwei Außenwänden von nicht mehr als 16m Länge genügen in diesen Fällen 0,5 H, mindestens jedoch 3m, wenn das Gebäude an mindestens zwei Außenwänden S. 1 beachtet.

 

 

§ 3 Bebauungspläne

 

1Abweichende, in Bebauungsplänen festgesetzte Abstandsflächen, bleiben unberührt.

 

 

§ 4 Inkrafttreten

 

1Die Satzung tritt am 1.2.2021 in Kraft.

 

Bad Steben,

 

 

Bert Horn

Erster Bürgermeister

 

 

Begründung

 

Art. 81 Abs. 1 Nr. 6 lit. a BayBO eröffnet Gemeinden die Möglichkeit, das Abstandsflächenrecht abweichend von der gesetzlichen Regelung zu gestalten, wenn dies die Erhaltung des Ortsbildes im Gemeindegebiet oder in Teilen des Gemeindegebiets bezweckt oder der Verbesserung und Erhaltung der Wohnqualität dient.

 

Nach der Rechtsprechung beschränkt sich die Regelungskompetenz des Bauordnungsrechts bei der abweichenden Bestimmung von Abstandsflächen auf im weiteren Sinne sicherheitsrechtliche Zielsetzungen. Abstandsflächen können zur Sicherstellung einer ausreichenden Belichtung, Belüftung und Besonnung der Baugrundstücke, zur Sicherstellung von Flächen für Nebenanlagen, zur Herstellung des Wohnfriedens und Sicherstellung des Brandschutzes abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen geregelt werden. In Bezug auf das Ortsbild sind nur gebäudebezogene Regelungen zulässig, die sich mittelbar auf die Gestaltung des Ortsbildes auswirken.

 

Vorstehende Satzung wird im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage maßgeblich zur Verbesserung und Erhaltung der Wohnqualität erlassen.

 

Im Gemeindegebiet sind nach wie vor viele Bereiche nicht überplant und beurteilen sich planungsrechtlich nach § 34 BauGB. Darüber hinaus sind in Bebauungsplänen zum Teil großzügige Bauräume festgelegt. In diesen Bereichen wird der Abstand von Baukörpern zueinander im Wesentlichen durch das Abstandsflächenrecht geregelt. Der hohe Siedlungsdruck im Gemeindegebiet und die immer weiter steigenden Grundstückspreise werden daher dazu führen, dass die Mindestmaße der gesetzlich festgelegten Abstandsflächen weitestgehend ausgenutzt werden. Damit wird sich die Wohnqualität im Gemeindegebiet nachteilig ändern. Eine deutliche Nachverdichtung wird nach Auffassung der Gemeinde auch nachteilige Auswirkungen auf den Wohnfrieden haben.

 

Die Wohnqualität ist im Gemeindegebiet in vielen Bereichen durch größere Abstände zwischen den Gebäuden geprägt. Gerade im Gemeindegebiet werden Wohnformen angeboten, die im städtischen bzw. baulich verdichteten Raum nicht bzw. nur noch selten anzutreffen sind. Das Wohnen ist geprägt durch Abstand zum Nachbarn. Freibereiche um die Gebäude stellen insoweit einen wesentlichen Bestandteil der Wohnqualität dar, insbesondere auch für Kinder. Die Gemeinde möchte mit dieser Satzung die Wohnqualität, die durch größeren Abstand zwischen den Gebäuden geprägt ist, erhalten und gegebenenfalls im Rahmen der Neubebauung von Grundstücken verbessern. Dies führt auch zu einer Verbesserung von Belichtung und Belüftung und Besonnung der Baugrundstücke, gegebenenfalls auch zu einer Verbesserung des Brandschutzes.

 

Der Gesetzgeber hat mit der Neuregelung der Abstandsflächen in Art. 6 Abs. 5 BayBO die Untergrenze des zulässigen Gebäudeabstands fest gelegt. Die Gemeinde möchte für ihr Gemeindegebiet höhere Standards als vom Gesetzgeber vorgesehen festlegen.

 

Gleichzeitig werden über größere Abstandsflächen auch notwendige Flächen für Nebenanlagen gesichert. Der Bedarf an Flächen zur Unterbringung von Gartengeräten, Spielgeräten für Kinder, von Fahrrädern und natürlich von Kfz ist größer als in der Stadt. Durch die Verlängerung der Abstandsflächen wird auch insoweit ausreichend Raum auf den Baugrundstücken gesichert.

 

Die Gemeinde bezieht in ihre Überlegungen durchaus ein, dass der Gesetzgeber mit der Abstandsflächenverkürzung eine Innenverdichtung und einer Verringerung der neuen Inanspruchnahme von Flächen beabsichtigt. Die Gemeinde hält aber die Erhaltung und Verbesserung der Wohnqualität in ihrem Gemeindegebiet für vorrangig. Dem Gebot der Innenverdichtung kann auch durch ein höheres Maß baulicher Nutzung erreicht werden, etwa durch höhere Gebäude, welche die Abstandsflächen einhalten. Dies wird die Gemeinde in ihren Planungen berücksichtigen.

 

In Bezug auf den Geltungsbereich hat sich die Gemeinde dazu entschieden, die abweichenden Abstandsflächen im gesamten Gemeindegebiet anzuordnen. Zwar gibt es im Gemeindegebiet unterschiedliche Siedlungsstrukturen und Bauweisen. Die oben genannten Ziele sollen aber generell im Gemeindegebiet verfolgt werden und damit auch Grundlage der Abstandsflächenbemessung sein. Im Einzelfall ist eine Korrektur über Abweichungen möglich. Für die sich insbesondere unterscheidenden Gewerbe-, Kern-und das klassenurbanen Gebiete findet die Satzung ohnehin keine Anwendung.

 

Die Gemeinde ist sich auch bewusst, dass die Verlängerung der Abstandsflächen gegenüber der gleichzeitig in Kraft tretenden gesetzlichen Verkürzung derselben Auswirkungen auf die bauliche Ausnutzbarkeit von Grundstücken haben kann und damit auch Eigentümerinteressen nachteilig betroffen werden können. Die Aufrechterhaltung einer ausreichenden Wohnqualität im Gemeindegebiet rechtfertigt indes mögliche Eigentumseinschränkungen.